C41 Farbfilm selbst entwickeln mit dem Tetenal Kit

Analog – C41 Farbfilme selbst entwickeln

Nun ist es endlich soweit, ich habe meinen ersten C41 Farbfilm selbst entwickelt. Ich hatte das Kit von Tetenal schon was länger hier liegen, aber irgendwie war nie die richtige Zeit dazu. Es gibt zwar schon Artikel im Netz die sagen, das wäre alles halb so wild, aber einen Film zu entwickeln hat bei mir immer mit Adrenalin zu tun. Speziell, wenn es etwas ganz neues ist und es so extreme Anforderungen wie „Temperatur +- 0,5° Celsius“ gibt. Ganz nebenbei finde ich es ja immer sehr beruhigend, wenn nebenbei Musik läuft, die einem hilft, sich auf eine Sache zu konzentrieren. So läuft also während der Aktion der Nora Webstream aus allen Lautsprechern. Kacke, bin ich alt!

 

Temperatur

Das Tetenal Kit hat ein kleines Booklet dabei, das vieles erklärt. Vieles, nicht alles, denn manchmal will ich es eben ganz genau haben. So gibt es zum Beispiel verschiedene Tabellen für die verschiedenen Temperaturen, die möglich sind. Ebenso gibt es eine Tabelle für die Entwicklungszeiten, die sich ja ändern, je verbrauchter der Entwickler ist.

 

 

Ich habe mich für die 30° Variante entschieden weil ich glaubte, dass die Entwicklungszeit von 8 Minuten angenehmer als die 3:15 bei 38°. Flüssigkeiten hin und her, kippen etc. Nebenbei noch die Notizen kontrollieren und bloß nicht in Streß geraten. Außerdem dachte ich, es wäre angenehmer, die Finger in 30° zu haben als in 38° – zumindest beim aktuellen Hochsommer. Ein Tipp noch nebenbei: ich habe die App Dev It! genutzt, um die Zeiten zu stoppen. Geht natürlich auch ohne, finde ich aber trotzdem angenehm.

Ein großes Thema ist hier natürlich der Temperaturabfall. Weil ich immernoch das viel zu große Wasserbehältnis im Kopf habe, will ich mal maritime Vergleiche bemühen. Ich habe erwartet, ein Speedboat vorzufinden. Jede Minute die Temperaturen kontrollieren, im Becken wie in den drei Flaschen. Für den Notfall hatte ich den Wasserkocher schon parat, kaltes Wasser ist natürlich kein Problem.

Was ich allerdings vorgefunden habe, war ein zehn Millionen Tonnen Kontainerschiff. Es dauert ewig, die richtige Temperatur zu erreichen und wenn man mal da ist, kann man bestimmt ohne große Mühe zehn Filme durchziehen. Nicht vergessen, ich spreche hier von einer Toleranz von 0,5°C. Dieser Punkt hat also völlig umsonst Streß verursacht. Nun lagen die erforderlichen 30°C natürlich auch nahe an der Lufttemperatur, aber auch im Winter sollte das kein zu großes Problem darstellen.

 

Agfa Vista Plus 200

Da das alles noch Neuland ist und natürlich völlig in die Hose gehen kann, habe ich mir einen günstigen Farbfilm für den ersten Test besorgt. Genauer gesagt, den billigsten, den ich finden konnte… C41 ist ja ein Standard für alle Filme, also ist der Film eigentlich egal. An den Farbverschiebungen sieht man, dass ich nicht so ganz sauber gearbeitet habe. Vielleicht waren es zwischendurch mal 31°C statt den geforderten maximal 30,5°C. Aber eigentlich finde ich das so sogar ganz cool.

 

 

Kodacolor VR 100 Plus von ’98

Ich habe ja noch eine zweite Minolta XD7, bei der der Verschluß nicht so ganz zuverlässig ist. Meine Beobachtung war bis jetzt immer, dass Zeiten unter (also schneller als) 1/500 Sekunde Probleme mit dem Verschluss oder Vorhang oder was auch immer machen. Auf jeden Fall hatte ich schon jede Menge komplett unbelichtete Bilder oder schöne, schwarze Balken über das halbe Bild.

Also, wenn ich schonmal dabei bin, habe ich den von einem Kollegen geerbten Film (abgelaufen Mitte 98) in die vermeintlich kaputte Kamera geschnallt und auch noch ein bisschen rumgemacht. Ich muss sagen, gar nicht so schlecht. Aufgrund des Alters habe ich +2 Belichtet, was wohl ganz gut hingekommen ist. Komisch ist, dass ich trotz der provozierten, hohen Zeiten keine Probleme mit dem Verschluss hatte. Aber ich traue der Sache trotzdem noch nicht!

 

 

Was soll der Scheiß?!

Die Tage hatte ich hohen Besuch hier der meinte, man kann ja den analogen Look ganz einfach nachmachen. Ja, eingeschränkt stimme ich dem zu. Das liegt allerdings hauptsächlich daran, dass wir in Zeiten leben, in denen die meisten noch nie ein analoges Foto in Händen gehalten haben, geschweige denn so viele, dass sie den Unterschied benennen könnten. Das ist auch alles OK so, denn effizient ist die analoge Arbeitsweise natürlich nicht und ich stelle sie nicht über die digitale.

Aber wisst ihr was? Es macht Spaß! Es ist diese Magie drumherum, der Nervenkitzel und nicht zuletzt das Vertrauen in die eigenen, fotografischen Fähigkeiten. Man kann das Foto nicht kontrollieren, man kann nicht groß nacharbeiten. Ja, man kann. Aber nicht so wie die digitalen Fotos, was eine Geschichte für einen anderen Abend ist. Es braucht schon viel Übung und großes Selbstvertrauen, heute mit Film unterwegs zu sein – wenn andere involviert sind und auf Bilder warten. Nicht zuletzt erzwingt das Denken in 36 Bildern eine ganz andere Herangehensweise. Das kann man nicht nachvollziehen, wenn man nicht mal wirklich ein Projekt analog durchgezogen hat. Also ran da, denn sie will ja!

Einen Witz, den ich häufig gemacht habe, werde ich nie wieder reißen, und zwar: mit Film muss man keinen Sensor mehr putzen, mit jedem Bild ist ein neuer Sensor da. Das stimmt schon, lässt aber außer acht, dass man den Film ja vielleicht digitalisieren will. Und da ist er dann wieder, der Sensor voll mit Staub und Katzenhaaren…

PS: ich arbeite an einer Art Workshop / Studioabend zum Thema Analog Photowalk und dann direkt entwickeln. Location habe ich schon fast… Der Rest ist dann nur noch Kinderkram. Bock drauf? Schreib mal.

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